Stand: 09.12.2014 14:01 Uhr

Neue Töne: Türkische Journalisten unter Druck

Eine türkische Journalistin blickt auf einen Computerbildschirm © NDR
Aysun Yasici hat über eine Korruptionsaffäre in der Türkei berichtet.

Aysun Yasici ist eine junge kritische Journalistin der türkischen Tageszeitung "Taraf". Eines ihrer Berichtsgebiete: die Korruptionsaffäre mehrerer ehemaliger Minister, die im Frühjahr vergangenen Jahres die Türkei und die Regierung erschütterte. Bestechung, Geldwäsche, eventuell illegaler Handel mit dem Iran - die Vorwürfe reichten bis ins private Umfeld des damaligen Regierungschefs und jetzigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dieser witterte einen Putsch gegen seine AKP-Regierung und ließ daraufhin führende Polizeibeamte, Richter und Staatsanwälte verhaften.

Die türkische Presse begleitete die Ereignisse kritisch - mit schwerwiegenden Folgen: Nicht nur Aysun Yasici sieht sich seit ihrer Berichterstattung mit einer Vielzahl von Verfahren konfrontiert. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft über acht Jahre Haft gefordert, weil sie in ihren Artikeln die Vertraulichkeit der Ermittlungen sowie das Prinzip der Unschuldsvermutung verletzt hätte.

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Nachrichtensperre für Journalisten und Politiker

Doch damit nicht genug: Vor einigen Tagen verhängte das 7. Strafgericht in Ankara eine komplette Nachrichtensperre in Bezug auf die Affäre. Eingeschlossen sind die parlamentarische Aufarbeitung und die Arbeit der parlamentarischen Untersuchungskommission zu dem Skandal. Das bedeutet im Prinzip für Aysun Yasici und ihre Kollegen ein Schreibverbot über diesen ganzen Komplex.

Und diese Nachrichtensperre gilt nicht nur für Journalisten, sondern betrifft auch die Politiker selbst: So ist es Oppositionspolitikern wie Umut Oran nicht mehr gestattet, unangenehme Fragen zu stellen. Taucht alleine der Name Erdogan auf, werden die Anfragen im türkischen Parlament gar nicht erst zugelassen. Immer wieder machen Journalistenverbände und -organisationen auf die sich immer weiter verschlechternden Arbeitsbedingungen für Journalisten in der Türkei aufmerksam. Im Ranking von "Reporter ohne Grenzen" ist die Türkei in Bezug auf die Pressefreiheit inzwischen von einem auch nicht wirklich schmeichelhaften Platz 95 unter Erdogan auf Platz 154 gesunken.

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ZAPP | 10.12.2014 | 23:25 Uhr

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